Ein Monat nach dem Erdbeben: Die sehr armen Familien kämpfen gegen die Ungerechtigkeit, aber das fällt auf sie zurück.

Trotz der sehr großen Schwierigkeiten, um in den Genuss organisierter Hilfe zu kommen, halten die ärmsten Familien stand. Das seit dem 3. Februar verstärkte Team von Volontären steht ihnen beiseite.

Eine hauptamtliche Volontärin bemerkt: „Jetzt weiß jedermann Bescheid über die Lage der Viertel, wo keine Hilfe angekommen ist. Aber die Leute haben Angst, sie sprechen über die dort herrschende Unsicherheit. Es ist wahr, dass sie dort von Zeit zu Zeit präsent ist. Aber, wenn wir uns alle mobilisieren, können wir es schaffen. Dies setzt voraus, dass man die Stärksten hindert, Druck auszuüben, um an die Nahrungsmittel zu kommen oder sie stillschweigend zu stehlen. Man muss glauben, dass es nicht eine Fatalität ist. Wir müssen alle die gleiche Entschlossenheit zeigen wie die Familien, um zu überleben.“

Sie fährt fort: „Es ist beeindruckend zu sehen wie die Leute stand halten. Das ist vielleicht einer der Gründen, warum sich die internationale Hilfe auf sich warten lässt. Trotz allen Schwierigkeiten finden auch die sehr armen Familien jeden Tag kleine Lösungen wie gewöhnlich. Sie sind daran gewöhnt, draußen zu schlafen, ohne Strom zu leben, weit zu gehen, um Wasser zu holen. Das ist nicht was sie schwanken lassen kann; was sie schwanken lassen könnte, das ist die Ungerechtigkeit zu beobachten, dass ihre Überlebensbemühungen jedes Mal auf sie zurückfallen. Da sie stand halten und versuchen durchzukommen, sagt man ihnen, dass sie die Hilfe verzögern, dass sie stören. Und die Hilfe kommt nicht bis zu ihnen. Das Land kann nicht sterben, weil die Familien stand halten, aber sie zahlen einmal mehr einen hohen Preis.“

Unser seit dem 3. Februar verstärktes Team arbeitet in drei Richtungen:

  • Hungerhilfe: es geht darum, dass die Hilfe bis zu den isoliertesten Vierteln kommt, in denen die ärmsten uns bekannten Familien leben. Dank dem Konsulat von Venezuela hat eine erste Nahrungsmittelverteilung stattgefunden. Eine Partnerschaft mit der NGO „Action contre la faim“ ermöglicht ein Ernährungsprogramm die für die Kinder von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Das Team findet bei diesen Partnern Personen, mit denen es möglich ist, den Stolz der Familien zu respektieren, und über die Kränkungen nachzudenken, die mit bestimmte Formen von Nahrungsmittelhilfe diese verbunden sind. Mitglieder des Teams, von Jugendlichen unterstützt, haben eine Zählung begonnen, um kein Kind zu vergessen, und besuchen jede Familie. Sie haben schon mehr als tausend Kinder gezählt und machen weiter.
  • Kulturelle Aktion mit den Kindern: eine Straßenbibliothek funktioniert mit den Kindern eines Lagers, der sich in der Nähe des Wohnortes des Teams befindet, in der Hoffnung, dass die von uns bekannten Familien dort Aufnahme finden. Bis jetzt aber haben die Familien das Viertel nicht verlassen; sie wollen nicht die wenigen Sicherheiten verlieren, die sie dort haben: eine bekannte Umgebung, einige Nachbarn, die füreinander einstehen. In diesem Lager mit vermischter Bevölkerung reagieren die Eltern sehr intensiv Kommen des Teams mit Büchern. Die Kinder kommen angerannt. Es gibt eine andere Straßenbibliothek in Lakou, im Stadtzentrum, in einem Aufnahmezentrum für Kinder, die auf der Straße leben.
  • Wiedereröffnung des Gesundheitszentrums St-Michel, das von der haitianischen NGO „Service Oecuménique d‘Entraide“ betrieben wird. Es wurde vor einigen Jahren in Partnerschaft mit der Bewegung geschaffen, damit die Familien der Viertel eine kostenlose medizinische Versorgung genießen können. Obwohl es von vielen Trauerfällen und von der Zerstörung ihrer Häuser betroffen wurde, ist das Basisteam da: die Gesundheitshelfer des Viertels, die Krankenschwestern, die Sozialarbeiterin, der Arzt… . Mitglieder des Teams unterstützen sie, um die Mehrarbeit bewältigen zu können.

Das Team setzt sehr viel Energie ein, um die Familien und das Viertel aus der Anonymität zu ziehen, um andere NGO´s kennen zu lernen, die die gleiche Sensibilität verkörpern: niemand soll isoliert bleiben. Es geht Partnerschaften ein und bemüht sich mit anderen das Bewusstsein zu schaffen, dass Feinarbeit wichtig ist. Das Team verausgabt sich, um die Kenntnis der Ärmsten zu teilen, um die Leute in die Viertel zu führen, um den Familien zu begegnen, um die Angst zu überwinden. In der Tat machen viele keinen Unterschied zwischen der Not aller Opfer und dem Elend. Ein Volontär beobachtet: „Hinter denen, die in Lagern hausen und ihr Gut und Haben in Säcken verstauen, gibt es andere, die nichts zu verstauen haben… Manche Helfer überlegen aus Mangel an Erfahrung nicht weiter. Was Ihnen fehlt, sind nicht Kenntnisse über das Land, sondern Kenntnisse über die Ärmsten. Es fehlt ihnen vielleicht die Begegnung mit den Ärmsten im eigenen Land.“

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